Es liegt kein Grund vor, dass ein PK-Chef 380’000 verdient

Interview: Janine Hosp. im Tages-Anzeiger vom 11.12.2013

50 Prozent Lohnsteigerung für den Chef der Zürcher Pensionskasse – abgesegnet in einer geheimen Abstimmung. Experte Rudolf Strahm findet das «extrem stossend» – und nicht nur das.

Der Chef der Pensionskasse des Kantons Zürich (BVK) verdient über die Silvesternacht fast 50 Prozent mehr – nicht weil er mehr leisten würde, sondern weil die Pensionskasse verselbstständigt wird und sich nicht mehr an das Lohnreglement halten muss. Ist das in Ordnung?
Es ist nicht illegal, aber extrem stossend. Erstens, weil kein objektiver Grund vorliegt, dass ein Pensionskassenchef einen Lohn von 380’000 Franken pro Jahr verdient. Und zweitens verstärkt dieser Fall die weitverbreitete Meinung, dass sich die Pensionskassen wie Selbstbedienungsläden verhalten. Bei der BVG-Abstimmung vom März 2010 hatten 73 Prozent der Bevölkerung gerade wegen dieses Verdachts Nein gestimmt.

Offenbar entspricht der neue Lohn dem üblichen Niveau bei Pensionskassen dieser Grösse. Soll es Lohnunterschiede geben bei Pensionskassen, die Angestellte des Staates versichern und alle anderen?
Der Stiftungsratspräsident versucht den Lohnsprung von 260’000 auf 380’000 Franken damit zu rechtfertigen, dass das neue Gehalt nach «umfassenden Quervergleichen» am «unteren Rand der festgestellten Bandbreite» liege. Das bestätigt unsere seit Jahren geäusserte Vermutung, dass die Verwaltungskosten der Pensionskassen undurchsichtig und ungerechtfertigt hoch sind. Die Pensionskassen verwalten zwar von Gesetzes wegen zwangsersparte Vermögen, aber sie verhalten sich wie eine private Finanzmarktfirma. Der BVK-Chef trägt ja überhaupt kein Risiko. Allfällige Kassenverluste werden als Unterdeckung versteckt und auf die Versicherten überwälzt.

Der Chef der Pensionskasse verdient nun mehr als ein Regierungsrat.
Das ist stossend und untergräbt das Vertrauen. Der paritätisch zusammengesetzte Stiftungsrat hat jedes Gespür vermissen lassen. Ich möchte wissen, welche Lohnberatungsfirma hier im Hintergrund gewirkt hat. Die sollte jetzt dazu stehen. Der Stiftungsrat hat die Lohnerhöhung in einer geheimen Abstimmung abgesegnet.

Können Sie dieses Vorgehen nachvollziehen?
Es sollten Juristen prüfen, ob dies statutenkonform ist. Jedenfalls ist es in schweizerischen Körperschaften unüblich. Und es verrät, dass den Verantwortlichen diese problematische Tour nicht ganz geheuer war.

Die geplante Reform der Altersvorsorge sieht vor, dass die Verwaltungskosten für die Versicherten deutlich gesenkt werden. Aber mit solchen Löhnen geschieht genau das Gegenteil.
Ich muss Sie korrigieren: Die geplante Reform der zweiten Säule und die bisherigen Massnahmen der Oberaufsicht bringen nicht automatisch eine Senkung der Kosten, sondern zunächst eine bessere Kostentransparenz. Damit sich die Kassen aber vergleichen lassen, braucht es zusätzliche Indikatoren, zum Beispiel die Summe aller Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten pro Jahr und pro Versicherten in Franken oder dann in Prozent des Anlagekapitals. Erst danach entsteht ein heilsamer Kostendruck.

Die Versicherten müssen die hohen Kosten bezahlen, ob sie wollen oder nicht. Geht die geplante Reform der Altersvorsorge weit genug?
Heute versickern im Durchschnitt aller Pensionseinrichtungen 20 Prozent der jährlichen Renten- und Kapitalleistungen in Form von Verwaltungskosten der Kassen plus als Vermögensverwaltungskosten in der Finanzszene. Jeder fünfte Rentenfranken versickert also im Finanzbusiness! Wenn der Bundesrat dies nicht korrigiert, kann er jede nächste BVG-Reform vergessen. Der Entscheidbedarf liegt bei Bundesrat Alain Berset.

http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Es-liegt-kein-Grund-vor-dass-ein-PKChef-380-000-verdient/story/20963182

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