Importpreisproblem politisch angehen

Kolumne in der Schweiz. Gewerbezeitung SGZ, vom 20.3.2015.

 

Importpreisproblem politisch angehen

Kolumne von Rudolf Strahm in Schweiz. Gewerbezeitung SGZ vom 20. 3. 2015.

 

Ich schreibe für einmal zu einem Thema, das in der SGV-Zentrale nicht alle freut. Aber es handelt sich um ein Problem, das unzählige KMU-Betriebe ärgert und bei dem ich weiss, dass die meisten KMU-Chefs mit mir einig sind. Es ist auch ein Bereich, von dem ich als ehemaliger Preisüberwacher etwas verstehe: Es geht um die überhöhten Importpreise und die kartellgesetzliche Massnahme gegen den Preiszuschlag Schweiz ausländischer Lieferanten.

Kein Zweifel, nach dem Währungsschock-Entscheid des dreiköpfigen SNB-Direktoriums vom 15. Januar 2015, hat sich die Überhöhung von Importpreisen noch verschärft. Der Schweiz-Zuschlag, den in der Regel ausländische Lieferanten bei Lieferungen in die Schweiz erzwingen, hat sich nochmals erhöht. Ausgerechnet jetzt, da die exportierenden Firmen eine Kompensation für ihre wechselkursbedingten Einbussen suchen, hätten sie eine Kostenanpassung auf der Einkaufsseite nötig.

Die Preisüberhöhung trifft eben nicht nur die Konsumenten, die einfach mit den Füssen, respektive den Rädern abstimmen und im Ausland einkaufen. Letztes Jahr stieg der Einkaufstourismus auf 10 Milliarden Franken. Nein, die überhöhten Importpreise treffen vor allem die KMU-Wirtschaft. Die grossen Konzerne kaufen ihre Zulieferungen längst über ihre ausländischen Filialen und beziehen sie dann als konzerninterne Transaktion ohne Preiszuschlag. Die UBS hat speziell eine Tochter errichtet, die darauf spezialisiert ist, für die Beschaffung von Hardware, Software und Arbeitsplatzeinrichtungen direkt im Ausland einzukaufen und diese dann konzernintern in die Schweiz weiter zu reichen. Mit andern Worten, sie betreibt durchs Band einen (legalen) Parallelimport unter Umgehung der Generalimporteure im Inland. Die KMU können solches nicht. Sie sind auf hiesige Lieferanten angewiesen, aus Gründen der Praktikabilität, des Service, der Ersatzteile.

Ich habe vor mir Preislisten von typischen Betriebs- und Lagerausstattungsgegenständen: Paletthubwagen, Raumschränke, Alu-Klappgerüste, Datensicherungsschränke, Mehrwegpaletten. Der Schweizer Preis der je identischen Produkte mit gleicher Typennummer liegt durchwegs 70 % über dem umgerechneten Preis in Deutschland! Und diese Preisüberhöhung kommt nicht vom Schweizer Lieferanten, sondern vom ausländischen Produzenten, der nur mit dem Zuschlag Schweiz liefert. Der ausländische Produzent beziffert seine Grossistenpreislisten in Frankenwährung und sackt seit dem SNB-Entscheid noch den Aufwertungsgewinn ein.

Gastroküchengeräte, Gastroeinrichtungen, Druckmaschinen, Fahrzeugkomponenten wie Achsen, Räder, Reifen, Bremsanlagen, Verdecke, aber auch Bormaschinen, Werkstatteinrichtungen – jeder Gewerbetreibende könnte Beispiele von ungerechfertigten Importpreiszuschlägen nennen. „Unsere Firma“, schrieb ein betroffener Thurgauer Verarbeiter von Spenglereiprodukten dem SGV-Präsidenten, „wird von den genannten Firmen (in Deutschland) unter dem Vorwand der Generalvertretung nicht direkt beliefert und muss die Maschinen zu wesentlich höheren Preisen als in Deutschland von der Firma S. (in der Schweiz) kaufen.“ Solche Praktiken sind ganz eindeutig und klar eine Wettbewerbsbehinderung. Sie verhindern den Parallelimport und ermöglichen den Zuschlag Schweiz.

Die Währungsgewinne sind schon bisher zur zum kleinen Teil an Schweizer Importeure weiter gegeben worden: von Dezember 2010 bis Dezember 2014 hätten die Importpreise um rund 20% sinken müssen, laut (gewichtetem) Importpreisindex des BFS sanken sie in diesem Zeitraum nur um 6,3% ! Die Schweizer Importeure zahlen sicher rund 15 Milliarden Franken mehr auf den ausländischen Fabrikaten und Halbfabriken, verglichen mit den Lieferpreisen identischer Produkte im Ausland. Dieser Zuschlag Schweiz ist ein Geschenk ans Ausland. Es gäbe keine kostenwirksamere Wirtschaftsmassnahme, jetzt, wo alle nach Abbau von Bürokratiekosten rufen, die monopolistischen Alleinimporteur-Strukturen zu beseitigen!

Der Schweizerische Gewerbeverband war gegen die überladene Kartellgesetz-Revision, die im letzten Sommer im Parlament abgestürzt ist. Ich hatte sie zwar befürwortet, aber für mich war immer auch nachvollziehbar, dass der SGV dagegen war (und habe meinen Freunden stets die Streichung des per se Kartellverbots im Artikels 5 geraten).

Nun kommt aber nach dem Absturz der Kartellgesetzrevision eine parlamentarische Initiative des freisinnigen Trogener Unternehmers, Ständerat Hans Altherr, (Arcolor AG, Arcolor-Holding), die einzig und allein den kartellrechtlichen Kampf gegen diesen volkswirtschaftlich schädigenden Lieferpreiszuschlag anvisiert. Das Kartellgesetz hat nämlich heute eine Lücke, und solange diese nicht gesetzlich geschlossen wird, kann man die schädigenden Schweiz-Zuschläge nicht knacken. DIESER Revisionspunkt nützt dem Gewerbe und der KMU-Wirtschaft, die auf günstige Einkäufe angewiesen sind. Schildern Sie dem Gewerbeverband ihre Einkaufspreisprobleme. Ich kenne die Märkte, es kann mir kein Funktionär behaupten, die Parlamentarische Initiative Altherr sei nicht gewerbefreundlich. In dieser Frage müssen die Zuständigen im SGV über die Bücher gehen.

 

Rudolf Strahm, ehemaliger Preisüberwacher

Herrenschwanden