„HFKG“ – eine unsägliche Konstruktion

Kolumne Strahm , Januar 2011.

„HFKG“ – unser neues Organisationsmonster

Was sich da rund um die Fachhochschulen und Universitäten zusammenbraut, ist ein Organisationsmonster, das man dereinst als ähnliche Fehlkonstruktion bezeichnen wird wie das Bologna-System.

Dieses neue Monster heisst „HFKG“ – Hochschul-Förderungs- und Koordinationsgesetz. Es ist derzeit in der nationalrätlichen Bildungs- und Wissenschaftskommission in der Beratung.

Der Entwurf des HFKG stammt aus der Küche des unseligen Staatssekretärs Charles Kleiber, heute Pensionär, der vor zehn Jahren das Bologna-System auf die denkbar bürokratischste und formalistischste Art und Weise über die schweizerischen Hochschulen gestülpt hatte.

Das HFKG will das Hochschulwesen in der Schweiz koordinieren und alle Universitäten, Fachhochschulen und teilweise die Pädagogischen Hochschulen unter eine einheitliche Steuerung einer „Hochschullandschaft“ stellen.

Die Konstruktion der vorgesehenen verschachtelten Gremien und Organe ist grandios: Als übergeordnetes Gremium soll eine Hochschulkonferenz gebildet werden mit 26 Bildungs- resp. Erziehungsdirektoren der Kantone und einem Bundesratsmitglied. Als Steuerungsorgan soll ein 15-köpfiger Hochschulrat eingesetzt werden, mit 14 kantonalen Bildungsdirektoren und einem Bundesrat als Präsident. Dieses von den Kantonen beherrschte Gremium soll neu über die Verteilung und Verwendung der Hochschulgelder des Bundes – und nur des Bundes – entscheiden. Im Fachhochschulbereich ist dies nichts anderes als eine Rekantonalisierung der Bundeskompetenz.

Damit ist es noch nicht genug. Mit dem HFKG wird zudem eine gegenüber heute erweiterte Hochschulrektorenkonferenz eingesetzt, die auch Steuerungsbefugnisse erhält. Dazu kommen ständige Ausschüsse und Beisitzer mit Beratungsfunktionen. Hinzu kommt ein Akkreditierungsrat mit einer Akkreditierungsagentur, die für beide Hochschultypen, für Universitäten und Fachhochschulen, eine Gleichmacherei anstreben wird (was der Gesetzgeber mit dem bisherigen Fachhochschulgesetz vermeiden wollte).

Dazu kommen geldverschlingende Akademien, die weder ausbilden noch forschen, sondern „Hochschulpolitik“ betreiben und „Weissbücher“ verfassen. Daneben besteht weiterhin der ETH-Rat, weil sich die beiden ETH Zürich und Lausanne verständlicherweise aus diesem Organisationsmonster ausgeklinkt hatten.

Diesem Organisationskomplex sind die 10 Universitäten und die 7 Fachhochschulen unterstellt, welche letztere wiederum in mehrere Abteilungen und zu viele Hierarchiestufen gegliedert sind.

Ein solches Organisationsmonster ist nicht steuerbar. Wenn im entscheidenden 15-köpfigen Hochschulrat 14 Kantonsvertreter sitzen, dann ist eine Steuerung unmöglich. Die Bildungs- und Erziehungsdirektoren denken erfahrungsgemäss stets für sich, an ihren Kanton, an ihre universitären Prestigeprojekte. Das Standortgerangel um die Spitzenmedizin kann als Vorschau dienen.

Für die Fachhochschulen bringt diese Organisationsstruktur faktisch eine Unterstellung unter die Universitäten. Nur die universitären Institutionen können die Fachhochschul-Dozenten promovieren und nur die faktisch akademische Akkreditierungsinstanz kann die Fachhochschulen akkreditieren. Das vom Gesetzgeber angestrebte Nebeneinander von „gleichwertigen, aber andersartigen“ Institutionen wird eingeebnet. Die Fachhochschulen werden zu Hochschulen zweiter Klasse, zum Überlaufmodell der Universität. Die Fachhochschullehrer, die seit langem nach dem Titel eines Professors strebten, haben dieses Modell aus standespolitischen Motiven durchgesetzt..

Bisher hatten die Organisationen der Arbeitswelt ODA, also die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, in der eidgenössischen Fachhochschulkommission ein gewichtiges Wort zu den Fachhochschulen mitzureden. Diese Kommission soll, wie das ganze Fachhochschulgesetz, aufgehoben werden. Die Verbände dürfen dann nur noch in einem ständigen Ausschuss ohne Entscheidbefugnis und ohne direkten Einsitz im Hochschulrat eine undefinierte Konsultationsfunktion pflegen.

Die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände haben zu Recht einen Einsitz in den entscheidenden Hochschulrat mit vier Sitzen gefordert – je zwei Arbeitgeber- und zwei Arbeitnehmervertreter. Ziel ist, im Hochschulrat auch die berufspraktische, arbeitsmarktorientierte Optik einzubringen. Denn die kantonalen Bildungsdirektoren sind traditionellerweise auf die vollschulischen und akademischen Bildungsgänge ausgerichtet, die Berufsbildung ist bei manchen ein Stiefkind.

Ich halte das Begehren der Organisationen der Arbeitswelt auf vier stimmberechtigte Vertreter in einem 19-köpfigen Hochschulrat (ein Bundesrat +vierzehn Regierungsräte + vier ODA-Vertreter) für berechtigt und nötig.

Trotz Kritik von allen Seiten übernimmt niemand die Verantwortung, das Steuer herumzureissen. Die Basler Ständerätin Anita Fetz sagte im Parlament, das HFKG-Monstrum sei wie ein Tanker, der in die falsche Richtung laufe. Er sei so gross geworden, so dass niemand mehr seinen falschen Kurs zu korrigieren vermöge. Muss der Tanker solange in die falsche Richtung laufen, bis in das Volk mit einem Referendum versenkt?

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.